Die Museumsnacht 2018 in Halle und Leipzig hat vieles zu bieten. Ein Bericht über den Besuch einer nicht repräsentativen Ausstellung pro Stadt.

Aus der Tiefe heißt die Gruppenausstellung der Stipendiaten der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt in Halle. Der Künstler Magnus Sönning dagegen will hoch hinaus. Und zwar auf die Hochstände der Jäger, auf denen man einen Überblick über den Wald und das Gelände hat. 245 Hochstände in Sachsen-Anhalt hat er aufgesucht und als Fotografien samt GPS-Daten in einem Archiv gesammelt. So entstand eine Dokumentation über die architektonischen Besonderheiten dieser wenig beachteten und auf den ersten Blick unscheinbaren Bauwerke.
Ganz in der Tradition der Readymades sieht Sönning den Hochstand als Objekt, von dem ausgehend er zudem skulpturale Arbeiten als Vorschläge für spontane Hochsitzobjekte entwickelt.
In einstündigen Interventionen werden ausgewählte Hochstände an ihrem Standort von ihm aufgestockt und zu abstrakten Gebilden umfunktioniert. So kann ein maroder Hochstand in kürzester Zeit zu einem futuristischen Weltraumbahnhof auf wackligen Holzbeinen mitten im Wald werden. Mittelalterliche Burgen und Nomadenzelte sind genauso vertreten wie silberne Disko-Hochstände.

Unbemerkte ablaufende Anarchie im Wald, dem Möglichkeitsraum für architektonische Gebilde sind in diesem Umfeld keine Grenzen gesetzt. Nach einer Stunde ist der ganze Spuk wieder vorbei. Dass dabei schon mal ein verwunderter Förster die Aktion stören kann, ist keine Seltenheit. Bisher sollen sich die Zeugen aber über die unerwartete Verwandlung ihres Arbeitsplatzes gefreut haben. Wie könnten sie auch nicht.
Ganz Andersartiges gibt es in Leipzig zu sehen. Und zwar an einem Ort, wo kulturelle Schätze von höchstem Wert gehegt und gepflegt, behütet und beschützt und für die nächste Generation liebevoll bewahrt werden: das Deutsche Kleingärtnermuseum.

Es versteckt sich in einer Schrebergartenanlage westlich des Zentrums und zwei Burgstudentinnen aus Halle brauchen so lange um es zu finden, dass dies letzen Endes auch unser einiger Museumsbesuch auf der Museumsnacht in Leipzig bleiben wird.
Das im Prospekt beworbene Stockbrotgrillen ist bei unserer Ankunft zu so später Stunde leider schon beendet. Während sich unten im Vereinshaus eine Wirtschaft befindet, erstreckt sich das Museum über die obere Etage. Die Dauerausstellung „Deutschlands Kleingärtner vom 19. Zum 21. Jahrhundert“ informiert über die fast 200-jährige Geschichte der deutschen Kleingärtnerbewegung und veranschaulicht diese durch zahlreiche Flaggen, Pokale, Bilder, Texte und Modelle.
Ehrfürchtig ob so viel Tradition wandeln wir durch die dezent erleuchteten Hallen.

Moment mal…ehrfürchtig? Fast hätten sie uns eingelullt!
So viel geballtes Spießbürgertum auf einem Ort ist einfach zu viel. Die fein säuberlich aufgereihte und so stolz präsentierte Spießigkeit schreit geradezu nach Widerstand! Als Reaktion spielen wir uns zu glühenden Anarchisten auf. Da hilft wohl nur noch Unterwanderung durch Imitation, was in diesem Falle heißt: das Bemalen eines Gartenzwerges, ein Angebot des Hauses. Wir bieten alle Künste auf.

Der Anarcho-Zwerg würde sich gut machen zwischen den Fähnchen und Wimpeln des Kleingarten-Vereins.

Immer wieder wird von den anderen Künstlern misstrauisch zu ihm herüber gelinst. Seine Nachbarn müssen sich mit einer braungrüngrauen Existenz zufriedengeben, aber dieser Zwerg strahlt seine kühne Überlegenheit aus jede neonfarbenen Zementpore aus!

Ein Eintrag im Gästebuch darf natürlich nicht fehlen und rundet jeden Museumsbesuch ab.

Auch unsere Intervention im Kleingärtnermuseum ist nach einer Stunde wieder vorbei. Kurz vor Mitternacht verlassen wir das Museum und kehren zurück zur Normalität. Aber mit einem liebgewonnenen neonfarbenen Andenken.